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AutorenbildChristian Asperger

Rollenspiele für Erwachsene

Aktualisiert: 2. Sept. 2023

Welche Rollen nehmen wir in unserem sozialen Umfeld ein und welche Erwartungen sind daran geknüpft? Woher stammen diese und wieso kann es hilfreich sein sich damit zu beschäftigen? In der systemischen Psychotherapie werde diese und ähnliche Fragen behandelt.


Rollenverständnis in der systemischen Psychotherapie

Der Begriff der sozialen Rolle stammt aus der Soziologie und wurde aus dem Theater übernommen. Die Rollentheorie beschreibt die Erwartungen, Werte sowie Verhalten und Handlungen, die in einem sozialen System an einen Rolleninhaber gestellt werden. Jedes Individuum hat verschiedene Bezugsgruppen in unterschiedlichen Systemen und Situationen und kann daher auch mehrere Rollen innehaben.


Unter dem Begriff Rollenerwartung versteht man gesellschaftliche oder systembezogene Erwartungen an das Verhalten von Menschen in der sozialen Interaktion. Nicht alle Rollenerwartungen sind gleich verbindlich. Der Grad der Verbindlichkeit ist an den zu erwartenden positiven oder negativen sozialen Sanktionen bei Er- oder Nichterfüllung zu erkennen. Je klarer die Erwartungen und die damit verbundenen Sanktionen sind, desto höher ist die Orientierung für das Individuum. Hingegen können unklare Rollenerwartungen und / oder zu befürchtende negativen Sanktionen ein Individuum rasch in emotionalen Stress bringen.


“Know your role and shut your mouth.”

Wer wie ich in den 90iger Jahren ein begeisterte Fan des amerikanischen Wrestlings war, kam an einem Star nicht vorbei. Der heute als Action Film Darsteller überaus erfolgreiche Dwayne Johnson verkörperte damals den Kult-Charakter "The Rock". Dieser stand nicht nur wegen seines imposanten Körperbaus im Rampenlicht, sondern es war sein damals schon sehr gut ausgeprägtes schauspielerisches Talent, welches die Fans in Ekstase versetzte. Ein paar seiner "Catch-Phrasen" schafften es so auch zu diese Zeit in den Sprachgebrauch des amerikanischen Mainstreams.



Im ersten Moment könnte man meinen, nur ein überaus arroganter und herablassender Mensch würde seinem Gegenüber so eine Aussage um die Ohren knallen. Jedoch mag es vielleicht bei genauerer Betrachtung durchaus auch Sinn machen, manchmal so klare Worte auszusprechen.



Erwartungen und Rollenkonflikte


"Know your role" drückt eine eindeutige Erwartungshaltung an eine Person in einer bestimmten Rolle aus. Konkret formulierte Erwartungen geben Klarheit, Orientierung und schaffen Strukturen. Solche Werte können vor allem in größeren Systemen von Vorteil sein. In Konzernen werden beispielsweise für bestehende oder neu geschaffene Positionen sogenannte Job Descriptions erstellt. Darin werden Anforderungen aber auch zu erwartende Ergebnisse formuliert. So weiß jeder Rolleninhaber sowie das Umfeld, was von dieser Rolle zu erwarten ist. Die Anforderungen an die eigene Rolle und die der anderen Mitglieder eines Systems zu kennen, schafft eine Ziel- und Handlungsorientierung, aber auch Sicherheit.


Gerade in turbulenten oder chaotischen Zeiten kann diese Sicherheit von Vorteil sein. Das einzelne Individuum muss nicht erst darüber nachdenken was zu tun oder zu lassen ist. Es gibt klare Richtlinien und jeder Teil des Ganzen weiß, was zu tun ist. Es kann so eine "just do it"-Mentalität geschaffen werden. Ein Sales Manager muss Verkäufe abschließen, ein Produkt Manager neue Produkte auf den Markt bringen und ein Controller stellt sicher, dass die Pläne letztendlich auch eingehalten werden. Es gibt keine Ausreden - "know your role and shut your mouth".


Natürlich ist mir klar, dass dies nur eine mögliche Auslegung ist. Es gibt Organisationen oder Systeme, die sich in sehr volatilen Umwelten bewegen. Da ist es manchmal nicht so einfach konkrete Anforderungen oder Aufgaben zu formulieren oder gar eine entsprechende Rolle zu definieren. Dies trifft insbesondere bei komplexen, bisher noch nicht bekannten Aufgaben zu. Hier erfordert es mehr Flexibilität und Agilität. Darüber hinaus haben wir als Individuum nicht nur eine Rolle wie hier z.B. im Arbeitsumfeld inne, sondern wir nehmen je nach Bezugssystem verschiedene Rollen ein. Wir sind Tochter / Sohn, können Partnerin / Partner oder Mutter / Vater gleichzeitig sein. Die unterschiedlichen Rollenerwartungen des sozialen Umfelds können dabei mal explizit oder auch nur implizit, mal klar oder nur vage und manchmal von einer bestimmten Bezugsperson oder "der Gesellschaft" an uns gerichtet werden.


Ist es also immer so einfach die eigene Rolle zu kennen und die damit verbundenen Anforderungen umzusetzen? Je unklarer Erwartungen an uns sind und je stärker wir negative Sanktionen bei deren Nichterfüllung befürchten, desto größer wird der damit verbundene Druck. Dies kann zu inneren Konflikten führen, deren Ursprung wir gar nicht so klar festmachen können. Eine weitere Ebene bildet der Abgleich von eigenen und äußeren Erwartungen. Durch unsere gesellschaftliche Sozialisierung über viele Jahre in unterschiedlichen Systemen ist die Herkunft bestimmter Normen, Werte und der damit verbundenen Erwartungen für uns nicht immer einfach nachzuvollziehen.



* Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwende ich abwechselnd die weibliche oder männliche Form. Männer und Frauen sind natürlich gleichermaßen angesprochen. Gerne kann der Artikel auch über soziale Netzwerke geteilt werde.

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