Der #1 New York Times Bestseller "The 5 Love Languages" von Gary Chapman ist ein Klassiker in der amerikanischen Literatur der Paarberatung. Für mich ein guter Test den fünf Prinzipien für fortwährende Liebe in der Praxis der Paartherapie etwas auf den Zahn zu fühlen.
Nichts scheint die Menschen so sehr zu bewegen wie die Suche nach der großen und ewig andauernden Liebe. Beim Stöbern in unserer Bibliothek bin ich zuletzt über einen Klassiker aus den 90er Jahren gestolpert. Gary Chapman ist ein Pastor, Anthropologe, Seelsorger, Paar- und Beziehungsberater und Sachbuchautor. Von ihm stammt das paartherapeutische Konzept der "Fünf Sprachen der Liebe". Der deutsche Untertitel einer weiterentwickelten Fassung dazu lautet "Wie Kommunikation in der Ehe gelingt". Als frisch vermählter Ehegatte habe ich natürlich auch privat ein hohes Interesse an dieser Erfolgsformel.
“Was passiert mit der Liebe nachdem man geheiratet hat?”
Diese Frage beschäftigt, so denke ich, viele verheiratete Paare. Bereits in einem früheren Artikel habe ich mich mit der Frage nach der Vereinbarkeit von Leidenschaft und Zärtlichkeiten in langjährigen Beziehungen beschäftigt. Im Klassiker von Gary Chapman geht es zwar auch um Körperlichkeit, aber nur als eine von fünf wichtigen Facetten bzw. eben Sprachen der Liebe. Darüber hinaus unterscheidet er auch ganz klar zwischen Sexualität und Zärtlichkeit.
Welche Sprache der Liebe sprechen Sie?
Das Konzept der fünf Sprachen der Liebe scheint sehr schlüssig und einfach verständlich. Im Kern wollen wir alle - egal, ob in einer partnerschaftlichen, elterlichen oder freundschaftlichen Beziehung - geliebt werden. Wobei Liebe natürlich als ein riesiges Wort für ganz unterschiedliche Bedeutungen oder Übersetzungen stehen kann. Genau hier setzt Gary Chapman an und versucht uns mit einer simplen Struktur Orientierung zu geben. Wichtig ist laut ihm auch, dass wir auch auf unseren eigenen "Tank der Liebe" schauen. Ist unser Tank prall gefüllt, halb voll oder fahren wir bereits seit längerer Zeit "auf Reserve"? Hier kommt das alte Sprichwort "Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben" zum Tragen. Dazu müssen wir natürlich auch wissen, wie wir Liebe für uns definieren. Welche Ausdrucksform durch Worte, Gesten, Berührungen oder Taten sind für uns ein Zeichen der Liebe?
Laut Chapman verhält es sich in der Liebe wie in der wechselseitigen Kommunikation. Er verwendet die Analogie der Sprache. Wenn Sie und ihr Gesprächspartner die gleiche Sprache sprechen, kann in der Kommunikation auch eine gewisse Breite, Tiefe und Vielfalt erreicht werden. Können Sie sich aber nur über Deuten und Gesten verständigen, kommt es zu Einschränkungen oder gar Missverständnissen. So versucht Chapman die unzähligen Möglichkeiten der Kommunikation auf fünf Kernsprachen zu reduzieren.
#1 Worte der Anerkennung und Liebe (Words of Affirmation)
Wer diese Sprache spricht, lobt Menschen besonders gerne, hat feine Antennen für die kleinen und großen Leistungen und Stärken der Mitmenschen und traut sich auch, dies zu zeigen – mehr noch, es ist selbstverständlich für ihn. Mit Worten der Anerkennung und mit „Ich liebe Dich“ drückt er seine Liebe aus und braucht Komplimente und Liebes-Bekundungen auch vom Partner. Ist das nicht der Fall, fühlt er sich „nicht gesehen“.
Spricht eine Frau - oder auch Mann - diese Liebessprache, so kann der Partner den tollsten Lebensstandard oder die schicksten Geschenke bringen. Wenn er dabei jedoch vergisst, ihr von Herzen kommend zu sagen, wie schön er sie noch findet, müht er sich völlig umsonst ab.
#2 Zweisamkeit (Quality Time)
Zeit zu zweit, bewusst geteilt. Uneingeschränkte gegenseitige Aufmerksamkeit ist für diese Gruppe das höchste Gute. Damit ist aufrichtiges Interesse und voller Fokus auf den Partner gemeint. Es geht darum Dinge gemeinsam zu machen, nicht nur nebeneinander.
Schwierig wird es dann, wenn der Partner am liebsten „einen schönen Abend mit Freunden“ hat oder für ihn zu „gemeinsame Aktivitäten“ mindestens drei Leute gehören. Oder wenn er ihr nie seine volle Aufmerksamkeit schenkt („Ich hör' dir doch zu, ich will nur nebenbei Fußball schauen“).
#3 Geschenke, die von Herzen kommen (Receiving Gifts)
Geschenke sind seit Menschengedenken ein wichtiger Bestandteil jeder Kultur. Sie wollen ausdrücken: „Schau, ich habe an Dich gedacht“ und symbolisieren so dieses Denken an den anderen.
Für manche von uns haben sie aber eine noch größere Bedeutung. Das passende Geschenk liebevoll auszusuchen - und wenn es eine halbe Ewigkeit dauert - das ist die Liebessprache dieser Gruppe. Mit Materialismus hat das nichts zu tun. Klein oder groß, gekauft oder selbst gemacht, Hauptsache es kommt von Herzen und es stecken Überlegungen dahinter. Jene Menschen fühlen sich entsprechend geliebt, wenn der Partner sich Zeit nimmt und Mühe gibt um sie mit Geschenken zu überraschen.
#4 Hilfsbereitschaft (Acts of Service)
Diese Gruppe zeigt ihren Mitmenschen Zuneigung, indem sie ihre Hilfe anbietet, wann immer sie gebraucht werden. Die Größe der Dienste spielt dabei keine Rolle, es können auch kleine, scheinbar unwichtige Dinge sein. Das Bett jeden Morgen zu machen. Den Müll runterbringen. „Lass mich das für Dich tun.“ „Ich nehm Dir das ab.“
Wer hierzu zählt, denkt vielleicht: „Ich kann sein ‚Ich liebe Dich’ nicht mehr hören, immer labert er nur, aber er tut einfach nichts! Wenn er mich wirklich lieben würde, würde er mir helfen.
#5 Zärtlichkeit (Physical Touch)
Die Zärtlichen sprechen ihre Liebe mit dem Körper, mit ihren Händen und Mündern. Streicheln, umarmen, küssen, berühren oder Händchenhalten sind die Gesten der Liebe.
Die Worte „Ich liebe Dich“ im Ohr lösen bei ihnen viel weniger aus als ein leidenschaftlicher Kuss. Wichtig für das Verständnis bei dieser Sprache der Liebe ist, dass es nicht rein um die sexuelle Leidenschaft geht. Diese kann bei allen anderen Sprachen der Liebe genau so wichtig sein. Es ist mehr die Ausdrucksweise der Zuneigung, die mehr über Berührungen als z.B. über die Sprache transportiert wird.
Chapman postuliert, dass jeder Mensch aus diesen fünf eine bevorzugte Sprache der Liebe spricht. Für ihn ist es es unumgänglich, dass man sowohl die eigene als auch die des Partner präferierte Sprache kennt. Manchmal erscheint dies gar nicht so einfach, da man sich eventuell in mehr als einer Kategorie wieder findet. Um hier etwas mehr Klarheit zu bekommen, empfiehlt er die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Wie drücken Sie selbst Ihre Liebe für andere aus?
- Worüber beschweren Sie sich am häufigsten bei ihrem Partner?
- Was verlangen Sie am häufigsten von ihrem Partner?
Für manche Partner spielt gelebte Sexualität in der Beziehung eine wichtige Rolle. Daraus folgend mag man relativ schnell zum Schluss kommen, dass Zärtlichkeit die bevorzugte Sprache der Liebe ist. Nun, hier gilt es vielleicht etwas differenzierter hinzusehen. Versuchen Sie sich an Situationen des Austauschs von Zärtlichkeiten ohne sexuellen Bezug zu erinnern. Vielleicht sind es Umarmungen, Händchenhalten oder ein Streichen über den Rücken?Genau mit diesen Impressionen können Sie dann die oben stehenden Fragen für sich beantworten.
Fazit: Die "Fünf Sprachen der Liebe" sind für mich ein typisch amerikanischer Lebens- und Liebes-Ratgeber, der versucht mit sehr plakativen Beispielen aus der Praxis eines erfahrenen Paarberaters eine Struktur und Anleitung zum Heiligen Gral der "ewigen Liebe" zu vermarkten. Als Vertreter der systemischen Haltung versuche ich natürlich immer die Beziehung und den Kontext des jeweiligen Individuums zu betrachten und tue mir dadurch mit festgeschriebenen Rastern oder Klassifizierungen etwas schwer. Auch die mehrmalige Aufforderung des Autors die eine absolute und immer bevorzugte Sprache der Liebe für sich zu definieren, fällt mir nicht ganz so einfach. So denke ich, dass es sehr wohl auf äußere Umstände und den Beziehungskontext ankommt. Nehmen wir zum Beispiele eine Mutter von drei kleinen Kindern, die als ihre primäre Sprache der Liebe "Worte von Anerkennung" für sich festgelegt hat. Ihr Partner kann ihr wahrscheinlich noch so oft sagen, wie sehr er sie liebt, wenn aber gerade Unterstützung im Haushalt, beim Windelwechseln oder Putzen für sie hilfreich wäre, wird sie eventuell auch hier ihre bevorzugte Sprache wechseln.
* Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwende ich abwechselnd die weibliche oder männliche Form. Männer und Frauen sind natürlich gleichermaßen angesprochen. Gerne kann der Artikel auch über soziale Netzwerke geteilt werde.
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